Ich habe es oft mit Menschen zu tun, die beauftragt wurden, einen Vortrag gegen Rassismus oder einen Vortrag gegen rechts zu organisieren, allerdings gibt es oft keine genaue Vorstellung darüber, worum es genau gehen soll. Ja gut, Rassismus – aber nur Rassismus?
Zuerst: Was ist Rassismus?
Rassismus ist eine Denkweise, Menschen in „besser“ oder „schlechter“ zu kategorisieren, weil man sie, auf Grund von äußerlichen Merkmalen, einer bestimmten Gruppe (Rasse) zuordnen will. Äußerliche Merkmale sind sowas wie Hautfarbe, Haarfarbe, Körpergröße aber auch Sprache. Es gibt sehr unterschiedliche Formen des Rassismus, bspw. den biologischen Rassismus oder den Rassismus des Nutzens und zudem gibt es viele weitere Formen der Abwertung, die wir nicht direkt als Rassismus bezeichnen, oft aber mitgemeint sind.
was ist ein Vortrag gegen rechts ?
Rassismus ist somit eines von unterschiedlichen Merkmalen eines abwertenden Verhaltens, was wir als Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit verstehen. Die Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF) umfasst alle Abwertungsmechanismen, die via Stereotypen funktionieren. Also Abwertung von Gruppen, weil sie bspw.:
- eine andere Hautfarbe
- ein anderes Geschlecht
- eine andere Sexualität
- eine andere Religion
- eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung
- eine andere Herkunft
- einen anderen sozioökonomischen Status
- ein anderes Bildungsniveau
- etc.
haben. Somit gibt es oft den Auftrag einen Vortrag gegen Rassismus zu organisieren / zu halten, aber nicht selten eine unterschiedliche Auffassung darüber, was das sein soll, bzw. oft den Wunsch, dass es breiter angelegt sein soll, also bspw. ein Vortrag gegen rechts, gegen rechte Einstellungselemente, etc.
Vortrag gegen Rassismus vs. Vortrag gegen rechts ?
In vielen Vorgesprächen kommen nach und nach neben Rassismus auch oft zu Themenwünschen wie Sexismus, Antisemitismus, Homophobie, Antisemitismus, etc., da Rassismus selten allein auftaucht. Es machen sich schnell viele Themenfelder auf, auf die man sich konzentrieren könnte und auf einmal erscheinen einem die inhaltlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten riesengroß. Der anfängliche Auftrag zieht Fragen nach sich, und die Gefahr sich zu verzetteln beginnt.
Wie plane ich nun einen Vortrag gegen rechts / Vortrag gegen Rassismus?
Klären Sie erstmal, was genau der Vortrag gegen Rassismus bzw. der Vortrag gegen rechts im Allgemeinen, gegen Sexismus, etc. erzielen soll:
- Welche Herausforderungen sollen thematisiert werden?
- Wer ist auch die Zielgruppe?
- Welche Herausforderungen hat diese?
- Welche Kompetenzen sollen vermittelt werden?
- Ist es tatsächlich nur eine Informations- oder Präventionsveranstaltung, oder geht es eher um Intervention und Beratung? (In den meisten Fällen gibt es klare Themen, die durch einen Informationsvortrag weggebügelt werden sollen)
- Etc.
Die Inhalte und Vortragsweise des Vortrags gegen Rassismus / Vortrags gegen rechts sollten zudem noch geklärt werden. Ist es Ihnen wichtig, möglichst schnell viel Theorie zu vermitteln? Geht es um Erfahrungen und Situationen? Soll es eher praktisch sein? Was ist mit Interaktivität?
Ein*e passende*r Referent*in
Anschließend geht es auf die Suche nach einer Person, die den Vortrag gegen rechts / Vortrag gegen Rassismus (Sexismus, Islamophobie, etc.) hält. Wie muss die Person sein, um das Thema ernsthaft vermitteln zu können? Ich als Mann kann nur theoretisch von Sexismus sprechen, nicht aus einer strukturellen Betroffenenperspektive. Je nach Anforderung kann das gut sein, bspw. wenn ich mit Männern, insbesondere mit männlichen „Tätern“ arbeite. Um mit Frauen über ihre Erfahrungen zum Thema Sexismus zu sprechen, bin ich dann wohl eher die falsche Person, hier auch nicht immer, aber aller meistens. Insbesondere dann, wenn in kurzer Zeit eigene Themen angesprochen werden sollen und wenig Zeit für Beziehungsarbeit ist.
Somit braucht es einerseits eine Person, die das Thema authentisch vermittelt.
Aber dies reicht nicht. Die Person muss auch die Sprache der Zuhörenden finden. Wenn ein Professor mit 70 Jahren, im Anzug und hochgesprochener Sprache mit vielen Fremdwörtern einen Vortrag gegen Rassismus oder einen Vortrag gegen rechts, etc. vor 15-jährigen hiphop-interessierten Jugendlichen halten soll, ist die Wahrscheinlichkeit eher hoch, dass ein match nicht stattfindet, man kein Interesse am Gegenüber hat und nicht versteht, was die Person will. Das Zuhören ist dann umso anstrengender und es wird abgeschaltet.
Daher: tut euch, den Vortragenden und den Zuhörenden den Gefallen, darauf zu achten
PS: Ein*e gute*r Referent*in klärt das natürlich und winkt auch eher ab, wenn es nicht passt.
Wichtig bei der Bewerbung des Vortrages gegen rechts
Datenschutz / Personenschutz
Wichtig zu klären sind dann auch, wie es beworben werden darf – und zwar von allen Seiten. Grade in diesem Arbeitsfeld gibt es einige Kolleg*innen die schon mehrere Übergriffe von rechts erfahren haben. Einige möchten nicht mit Foto, oder gar mit Namen erwähnt werden. Und nein, das ist dann nicht die böse, gewaltbereite, autonome Antifa, sondern Menschen, die sich durch Anonymität Schutz suchen, den man leider nicht immer von den Seiten erfährt, die dafür zuständig wären.
Ausschlussklausel
Eine Ausschlussklausel ist sinnvoll und super. Wenn diese in allen Bewerbungsplattformen mitgeschrieben wird, kann man sich bei der Veranstaltung selbst gut darauf berufen, wenn es zu Störungen kommt/ kommen sollte.
Ein Beispiel:
„Die Veranstalter behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.“
Sollten somit Personen zum Vortrag gegen rechts wollen, die schon bekannt für rechte Positionen sind, kann man die gleich vor der Tür lassen, bzw. damit später vor die Tür setzen.
– Sehr praktisch!
Übrigens: Je größer das Team, je mehr Organisationen, etc. offen als Veranstaltende auftreten, desto breiter ist die Wahrnehmung nach außen und so geringer auch die Angriffsfläche für Einzelne!
Während und nach dem Vortrag gegen Rassismus / Vortrag gegen rechts
Auch hier gilt es vor Beginn deutlich zu machen, wie mit Fotos und Namen umgegangen wird. Es gibt einige Regionen in Deutschland, in denen Neonazis und Co. sich sehr darüber freuen, wenn im Internet oder in der Zeitung Fotos von Demokratieveranstaltungen sind, da man dann sieht, wer da war und wer somit ein zu bekämpfender Feind*in ist. Es bietet sich daher an schon zu Beginn zu sagen, dass nur Fotos ohne Gesichter / von hinten o.ä. gemacht und veröffentlicht werden. Dies sollte auch anwesenden Personen von Presse mitgeteilt werden, wenn diese Absprache besteht.
Und sicherlich gibt es noch hundert Sachen mehr zu bedenken, da jeder Ort, jede Veranstaltung anders ist. Wenn Sie Lust haben, mit mir was zu planen, melden Sie sich gerne!
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