Diskriminierendes Verhalten und Abwertungsmechanismen sind in vielen pädagogischen Kontexten Teil des Alltagsgeschäfts – ohne, dass die Arbeit gegen rechte Einstellungsmuster immer ernst genommen wird. Ziel ist nicht, Sachen zu überdramatisieren, aber Ziel ist es auch nicht, Sachen zu verschweigen.
Kinder und Jugendliche nehmen sehr deutlich wahr, wie wir uns wann verhalten, oder wie wir uns eben nicht verhalten. Sie schauen sich ab, wie wir in Situationen reagieren und welche Position wir einnehmen, bzw. ob wir das tun. Wenn es beispielsweise darum geht, dass eine rechte Partei auf die Straße geht, darf allein aus pädagogischen Gründen schon nicht die Idee entstehen, einfach wegzusehen. Ein Ignorieren ist ein Nicht-Verhalten, somit für Kinder und Jugendliche kein Grund, sich die Haltung der Rechten nicht einmal genauer anzusehen. Wir sollten uns ständig gegen jegliche rechtsextremen Aussagen und rechte Gewalt positionieren. Nicht in übertriebener Aufregung, sondern mit klarer, gelassener und überzeugter demokratischer Haltung.
Wenn bei Zeitschriften bspw. des Springerverlages der Islam besonders dunkel dargestellt wird, um Ängste zu erzeugen, hat das eine pädagogische Wirkung. Wenn Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund von vielen Seiten das Gefühl vermittelt bekommen, dass sie zu „den Bösen“ gehören, sie keine Vorbilder wahrnehmen, die Lehrkräfte, Erzieher*innen, Mitarbeitende in öffentlichen Verwaltungen, etc. sind, führt das nicht zu einem positiven Selbstbild. Durch die Erkenntnis, dass es eben keine Chancengleichheit gibt, entsteht eine ernüchternde Haltung und ein "Mensch-Zweiter-Klasse-Empfinden". Ein Nicht-Verhalten von uns zu diesem Zustand vermittelt zudem das Gefühl, dass sich hierbei auch niemand Veränderung wünscht oder sich dafür einsetzt. Wenn nun auch noch Kinder und Jugendliche, die nicht zu der diskriminierten Gruppe gehören, dies so auffassen, dass sie einen höheren Grad an Wertigkeit haben, arbeiten wir der maximalen Spaltung unserer Gesellschaft entgegen. Prävention durch politische Bildung ist in der Pädagogik deshalb umso wichtiger. Manchmal ist auch die Aussage „was ist denn das für ein Scheiss“ eine wertvolle, pädagogische Aussage und bestenfalls ein Diskurs über Werte, Einstellungen, Haltungen und Meinungen.
Sich mit Rechtsextremismus und Pädagogik auseinanderzusetzen, macht oft Angst. Die Pädagog*innen schieben es der Schule zu, da es ein Thema des Politik- und Geschichtsunterrichts sei und diese schieben es zurück, da es mit der Wertevermittlung und sozialem Lernen zusammenhängt. Fakt ist jedoch - politische Bildung und Prävention gegen Rechtsextremismus gehen uns alle etwas an.
Fangen wir an, zu glauben, dass man erst ein bestimmtes Fach studiert haben müsse, bevor man in diesem Bereich arbeiten kann, sollten wir uns auch fragen, ob die Kinder und Jugendlichen auch erst studieren mussten, um rechte Einstellungsmuster anzunehmen. Wir werden allein niemanden verändern. Wir können jedoch alternative Ideen aufzeigen, Haltungen und Positionen vorleben und erklären, warum wir so denken und handeln.
Wenn wir es mit Personen zu tun bekommen, die rechte Einstellungsmuster vertreten, dürfen wir uns nicht von der Fassade oder der Maske blenden lassen und dürfen uns davor keine Angst machen lassen. Wir müssen hinter diese Maske schauen und den Menschen in seiner Irritation erkennen, anstatt die Monstermaske zu sehen und entweder davor wegzulaufen, uns daran abzuarbeiten oder zu schweigen.
Rechtsextremismus und Pädagogik passt für mich deshalb gut zusammen, weil wir den Umgang mit Rechtsextremismus in pädagogischen Kontexten erlernen können. Durch das Lernen, unser Werteempfinden wahrzunehmen, uns zu reflektieren, und durchs Lernen, dies transparent für Kinder und Jugendliche zu machen, werden wir Modell. Wir müssen erlernen, hinter die Verhaltensweisen von Personen zu schauen, um Unsicherheiten und Ängste nehmen zu können. Aus diesen Gründen ist es wichtig, dass wir unsere Ängste mit dem Thema erkennen und abbauen, sonst kann sich uns jemand, der*die angstbesessen ist, nicht anvertrauen und öffnen. Denn dann würde das Gefühl vermittelt werden, dass wir überfordert mit dem sind, was mitgebracht wird.