Corona, Schule und Demokratie

Schule, Corona und die Gefahr für die Demokratie

Schule, Corona und Demokratie

In einer Berliner Schüler*innenumfrage im Januar 2021 gaben 73% der Schüler*innen an, einen gefühlten Kontrollverlust im eigenen Leben zu erfahren. 62% gaben an, erhebliche Störungen im Schlafrhythmus zu haben. Bei der Frage, ob sie das Gefühl von Perspektivlosigkeit empfinden, gaben 40% "eher ja" und 34% "Ja" an. 

Bundesweit befinden sich viele Schulen durch die Corona-Krise am Limit - nicht nur die Schulen als Institute der Bildung, sondern auch die Lehrkräfte und ganz besonders auch die Schülerinnen und Schüler. Resignation, Frust und Überforderung sind nur einige der auftretenden Symptome. Es fehlt nicht nur der Präsenzunterricht, es fehlt der Kontakt zu anderen Menschen, es fehlt das Ventil. Mittlerweile ist der Druck oft deutlich spürbar und es fehlt der Raum, um damit umzugehen. Probleme werden in sich reingefressen. Die oft angespannten Situationen in den Familien der Schülerinnen und Schüler verstärken dies zusätzlich. Frust projiziert sich auf das System, die Familie, die Gesellschaft, den Staat, die Regierung, etc. – und rechtspopulistische Parteien versuchen anzudocken.

Schule und Corona - Ist die Demokratiebildung gefährdet?

Wer sich mit der Frage auseinandersetzt, warum Jugendliche nach rechts tendieren,  wird feststellen, dass es dabei oft um Themen wie Anerkennung, Macht, Gruppenzugehörigkeit, Identität, etc. geht. 

 

Kinder und Jugendliche brauchen eigene (Gestaltungs-)Räume, brauchen das Gefühl von Selbstwirksamkeit und Eigenverantwortung. 

In einigen Städten in Deutschland gab es große Probleme mit Jugendlichen, die trotz Corona Parties feierten und sich zum Teil dabei mit der Polizei anlegten. Neben der Frage des Verhaltens der Polizei in den Situationen, welche sicherlich mitbedacht werden muss, geht es für diese Jugendlichen oft um die Frage nach Identität, Macht und Wirksamkeit. 

 

Schon seit Beginn der Corona-Pandemie wurden Jugendliche problematisiert und kriminalisiert. Ihnen wurden Regeln aufgedrückt und Räume genommen. An Informationen über das Warum mangelte es häufig. Das Einzwängen in Wohnungen führt deutlich zu Spannungen und Druck in den Familien. Nicht nur das Aufeinanderhocken, sondern auch der Unterricht zu Hause und Homeoffice lassen Kinder und Eltern aneinandergeraten. So werden nach und nach die Beziehung und die Atmosphäre zum Lernen gestört. Wo sollen Kinder und Jugendliche Unterstützung finden, wenn sie in der Wohnung bleiben sollen, aber durch Stress mit den Eltern diese nicht nach Rat fragen können? 

Sind die Probleme in Schulen durch Corona ein Auslöser für einen stärkeren Rechtsruck?

Der Druck, den Schülerinnen und Schüler zu Hause erleben, endet schlimmstenfalls in Gewalt, die derzeit nur selten gesehen werden kann, da Sozialräume fehlen. 

 

Wohin also mit dem Frust und den anfänglichen Depressionen? 

 

Und siehe da! Einige Gruppen melden sich mit Worten wie "Corona-Diktatur" und "Pseudodemokratie". Für die, die mit dem Rücken zur Wand stehen, gibt eine Schuldzuweisung die Möglichkeit, ein Ventil zu öffnen und Druck abzubauen. Der Ärger und Frust kann nun adressiert werden und "gut" und "böse" sind verteilt. So führt dies nicht nur zu Akzeptanz und schlimmstenfalls zur Mitgliedschaft der Querdenken-Bewegung, sondern auch zu antidemokratischen Haltungen und drängt Menschenrechte in den Hintergrund. 

Doch wie erreichen wir sie nun? Was geht, was können wir tun?

Wir müssen insbesondere für Kinder und Jugendliche Ventile schaffen, also Räume, um Emotionen zuzulassen, die bestenfalls begleitend reflektiert werden, um weg von den Symptomen der Aussagen und stattdessen hin zu den Ursachen zu kommen.

 

Wir brauchen Räume der Selbstwirksamkeit und -macht. Kinder und Jugendliche müssen mit eingebunden werden, wenn es um Herausforderungen geht, die sie so maßgeblich betreffen. Wenn Lösungen gemeinsam entwickelt werden, können sie verstanden und angenommen werden. Es sind keine externen aufgesetzten Regeln ohne Übersicht mehr, sondern durch gemeinsame Arbeit entstandene Entscheidungsprozesse, die gemeinsam verantwortet wurden, sodass das Erreichen des gemeinsamen Ziels mit deutlich mehr Motivation verfolgt werden kann. Sie erleben sich dadurch nicht als ohnmächtig und fremdgesteuert, wie es ihnen von AfD und Querdenkenden versucht wird zu erzählen. Stattdessen sind sie handlungsfähige Akteure, die in einer weltweiten Krisenzeit ernst genommen werden und Teil der Lösung, nicht des Problems, sind. 

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Kommentare: 1
  • #1

    Anna Grummt (Dienstag, 11 Mai 2021 09:19)

    Sehr wichtige Perspektive und gute Anregung für die Arbeit mit den KiJu. Danke für den Artikel.