Ausgepowert in der Schule - Was Corona und Co. mit Jugendlichen gemacht hat

Ausgepowert in der Schule - Was Corona und Co. mit Jugendlichen gemacht hat

Seit Monaten bin ich mit Projekten immer wieder in unterschiedlichen Schulen unterwegs. Von Klasse 7 bis in die Berufsschulen. Einige Projekte drehen sich stark um Demokratie, Werte und die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus oder Phänomenen der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, andere derzeit allerdings auch viel um Überforderung, Überlastung und Leistungsdruck. Ich bin somit mit ca. 250-300 Jugendlichen in den Kontakt gekommen und habe mit ihnen einerseits über die Themen selbst, aber auch über die Frage des Umgangs damit mit ihnen gesprochen und gearbeitet. 

Grundsätzlich kann ich sagen, dass die Schüler*innen sehr froh sind, wieder in die Schulen gehen zu können. Sie freuen sich mit echten Menschen in echte Beziehungen treten zu können und auch, endlich wieder viel rauszukommen. Und ja, das Maske tragen macht auch keinen Spaß, wird aber überall, wo ich war, problemlos von den Schüler*innen mitgetragen. Ich bin auf keine*n Schüler*in gestoßen, der*die ein großes Problem damit hatte, allerdings auf zwei Klassen, die berichteten, dass sie jeweils eine Lehrkraft haben, die das Tragen der Masken ablehne und in seinem*ihrem Unterricht keine Maske getragen werden müsse.

 

Was ich dafür aber überall von den Schüler*innen hörte, ist die hohe Belastung, der Stress, dem sie ausgesetzt sind. Dies bezieht sich auf die Schule, da der Druck hoch ist, in der durch Corona verknappten Zeit trotzdem die Lerninhalte zu vermitteln, um die Prüfungen zu bestehen, aber auch auf die Situationen im privaten Bereich, die durch (teilweise) Selbstisolation oder familiäre Herausforderungen entstanden sind. Was oft fehlt, ist nicht nur der Raum, um über die eigenen Probleme zu sprechen, sondern allein schon jemand, der einfach mal ernst gemeint fragt: „Wie geht es dir?“

Die zu bewältigenden Herausforderungen sind sehr unterschiedlich, die Gefühle der jungen Menschen aber oft ähnlich. Ein Mix zwischen Erschöpfung, Überforderung und Ohnmacht.

Die Herausforderungen der Jugendlichen

So erzählten mir mehrere Jugendliche unterschiedlicher Schulen von der teilweise regelmäßigen Einnahme von Ritalin um einigermaßen mithalten zu können während der Schulzeit und um nachmittags lernen zu können, Gras zum Entspannen und MDNA, Speed und weiteres um sich befreit zu fühlen. Andere sprachen davon „nur noch zu funktionieren“ – und die Zeit neben der Schule übermäßig viel zum Schlafen zu nutzen. Manche gaben an regelmäßig zu schwänzen, um sich erholen zu können.

 

Neben den eigenen Sorgen kommen manchmal auch noch die der Eltern / des Umfeldes hinzu. Von Home Office Schwierigkeiten, Eltern an Belastungsgrenzen, die somit auch wenig Zeit für die Jugendlichen brauchen oder welche, die zwar nicht durch Arbeitsveränderung hoch belastet sind, sondern in Kurzarbeit stecken und damit rechnen, dass nach der Kurzarbeit der Job weg ist.

Darüber hinaus leben wir derzeit in drei Krisen, die ebenfalls belasten, sei es Corona, die Klimakrise oder der russische Krieg gegen die Ukraine. Auch das macht alles Ohnmächtig, Angst und erzeugt Stress und Zukunftsängste.

 

Interessant aber auch erklärbar finde ich, dass die Schüler*innen miteinander oft nicht darüber sprechen. Meine Erklärung wäre hier, dass sie es auch nicht gelernt haben, woher auch. Und daher scheint es umso wichtiger, Räume zu schaffen, wo sie dies lernen können, um self-care zu betreiben. 

Um nochmal ein Projekt anbieten zu können, habe ich mit dem Verein „ContRa“ das Projekt „Druckabbau – Das Camp“ entwickelt, welches in den Sommerferien beginnt und bei dem noch Plätze frei sind.

 

Darüber hinaus braucht es allerdings Räume um dies im (Schul-)Alltag zu besprechen, weg von Leistungsdruck und Stress, sondern rund um die Fragen „Wie geht es dir?“ und „Was brauchst du, damit es dir gut geht“.

 

Alleine die Situationen auszusprechen hilft und dass die Schüler*innen voneinander wissen, dass es ihnen nicht gut geht, gibt die Möglichkeit, dass sie sich dann gegenseitig stützen können.

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